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Autorin: Silvia Brückner
Die Drachenreiterin
Es war einmal eine wunderschöne Prinzessin, die lebt in einem alten Schloss, das von einem geheimnisvollen Zauberwald umgeben war.
Als der 18. Geburtstag der Prinzessin nahte, beschloss der König, seiner Tochter ein ganz besonderes Geschenk zu machen. Die Prinzessin war natürlich sehr neugierig auf ihr Geburtstagsgeschenk, aber der König hatte es zum Staatsgeheimnis erklärt. 
Am Morgen ihres Geburtstags hielt es die Prinzessin vor lauter Neugierde schon in aller Frühe nicht mehr im Bett, aber ihre geduld wurde auf eine harte Probe gestellt. Die Prinzessin war nämlich sehr beliebt, sodass ihr der ganze Hofstaat gratulieren wollt, vom Hofmarschall bis zum jüngsten Küchenjungen, und an den Hofstaat schlossen sich die Bürger des Landes an und defilierten in endlosen Reihen am Schloss vorbei.
Als die Gratulanten endlich gegangen waren, stand die Mittagssonne schon hoch am Himmel und die Prinzessin zersprang fast vor Ungeduld. Da führte der König seine Tochter endlich in den Schlosspark, um ihr sein Geschenk zu übergeben.

Im Park stand ein junger Ritter in schimmernder Rüstung, der hielt einen wunderschönen, grün-goldenen Drachen am Zügel. "Dies, mein liebes Kind", so sprach der König feierlich, "ist mein Geburtstagsgeschenk für Dich, denn du bist nun alt genug, das Drachenreiten zu erlernen." Da klatschte die Prinzessin voll Freude in die Hände, hatte sie sich doch schon lange einen eigenen Drachen gewünscht. "Ich will ihn Dragonus nennen", beschloss sie. Aber als sie sich ihrem Drachen nähern wollte, begann der zu fauchen und sein furchteinflössendes Gebiss zu entblößen. Erschrocken wich die Prinzessin zurück. "Was hat das zu bedeuten, Vater?", fragte sie, "mag Dragonus mich nicht?" "Dein Drache ist noch jung", antwortete der König lächelnd, "du musst ihn erst zähmen, bevor du ihn reiten kannst."

Jeden Tag nun ging die Prinzessin zu ihrem Drachen, damit er sich an sie gewöhnen konnte. Aber der Drache lehnte jede Annäherung ab. Die Prinzessin wurde deswegen immer trauriger. "Was soll ich nur machen, lieber Vater?", klagte sie dem König ihr Leid. "Mein Drachen mag mich einfach nicht." "Du musst dir eine List ausdenken, um ihn zu zähmen", riet ihr der König. Und als die Prinzessin das nächste Mal zu ihrem Drachen ging, stibbizte sie vorher den besten Braten aus der Küche und bot ihn dem Drachen an. Aber als der Drachen den Braten sah, fing er an zu lachen. "Du dummes Ding", spottete er, "ich brauche deinen Braten nicht. Wusstest du denn nicht, dass ich mich von meinem inneren Feuer nähre?" Nein, das hatte die Prinzessin wirklich nicht gewusst, und sie ging traurig von dannen, um sich ein neues Geschenk für ihren Drachen auszudenken. "Ich werde ihm meine schönste Halskette schenken, dann wird er mich mögen", sprach sie zu sich. Doch als sie das nächst Mal zu ihrem Drachen ging, da lachte der sie wieder nur aus. Foto: Reinhard Mederer"Du dummes Ding, was soll ich denn mit deiner albernen Halskette?", höhnte er, "siehst du denn nicht, dass meine grüngoldenenen Schuppen viel schöner sind als alles Geschmeide der Welt?" Und wiederum ging die Prinzessin traurig von dannen, denn nun wusste sie sich gar keinen Rat mehr. 

So beschloss sie denn, den mächtigen Zauberer, der im Zauberwald wohnte, aufzusuchen und um Rat zu fragen. Und am nächsten Tag machte sie sich auf den Weg in den Zauberwald. 
Die Prinzessin musste weit laufen, bis sie die Hütte des Zauberers fand, aber endlich erreichte sie doch ihr Ziel. 
"Was führt dich zu mir, Prinzessin?", fragte der Zauberer freundlich. "Ach, lieber Zauberer, ich habe einen Drachen geschenkt bekommen, aber er will und will sich nicht zähmen lassen", klagte die Prinzessin und dann erzählte sie dem Zauberer, was sie schon alles versucht hatte.
Zeichnung: Sabine Führer
Als sie geendet hatte, lächelte der 
Zauberer wissend. "So, du hast also versucht, deinen Drachen mit Geschenken zu bestechen", meinte er dann, "hast du es denn auch schon einmal mit Liebe probiert?" "Aber lieber Zauberer, wenn ich ihm einen guten Braten und meine allerschönste Halskette schenken will, dann muss er doch merken, dass ich ihn liebe", entgegnete die Prinzessin erstaunt. "Oh nein, mein Kind", antwortete der Zauberer da ernst, "Geschenke und Liebe sind nicht dasselbe. Allerdings meinen die Menschen das oft." Die Prinzessin blickte den Zauberer nur ratlos an und verstand kein Wort. "Wenn du deinen Drachen wirklich zähmen willst, musst du ihm deine Liebe auf andere Art zeigen. Wenn du das nächste Mal zu ihm gehst, dann schaue ihn nur ganz lieb an und stelle dir vor, wie ihn ein rosafarbenes Licht umgibt. Und dann warte ab, was geschieht."

Die Prinzessin hatte zwar Zweifel, aber weil alle ihre Versuche fehlgeschlagen waren, versprach sie dem Zauberer, seinen Rat zu beherzigen. 
Wieder zu Hause angekommen, lief sie gleich zum Gehege ihres Drachens. Wie erwartet, fauchte der sie böse an.Die Prinzessin ließ sich aber nicht beirren. Sie blickte den Drachen voller Liebe an und stellte sich vor, wie er ganz von einem rosafarbenen Licht eingehüllt wurde. Wie lange sie so vor dem Drachen stand, vermochte sie nicht zu sagen, aber der Drachen schien allmählich ruhiger und friedfertiger zu werden. Und plötzlich ging er vor der Prinzessin in die Knie, so dass sie auf seinen Rücken steigen konnte. Und der Drache erhob sich mit Prinzessin in die Lüfte und ließ sich von ihr gehorsam lenken, wohin sie wollte. Und von Stund an war der Drache Dragonus der Prinzessin treu ergeben und diente ihr mit Leib und Leben.

Foto: Reinhard Mederer
Zeichnung Sabine Führer
Hexen, Vampire & Magier
Eine der Autorinen ist Silvia Brückner
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