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Elfenzwerge

Foto: Rudi alias Das letzte Einhorn? (Erbler Rudolf)Nahe bei dem Dorf Hinterwolkenheim  befand sich ein schöner, großer Wald, der sah fast so aus wie ein Märchenwald.
In dem Wald lebten Wichteltrude, die Zwergenfrau, und Alf, der Blumenelf.
Vom Frühjahr bis in den Herbst hatten beide viel zu tun, denn Alf musste dafür sorgen, dass die Waldblumen blühen und gedeihen konnten, und Wichteltrude war für das Wachstum der Beeren und Pilze verantwortlich. 
Wichteltrude und Alf mochten sich sehr gerne und trafen sich jeden Abend zu einem kleinen Plausch auf der Lichtung unter der großen Tanne, unter deren Wurzeln Wichteltrude zu Hause war. Und weil sie sich so gerne hatten, waren beide auch jedes Jahr sehr traurig, wenn sie sich zu Winterbeginn trennen mussten, denn dann musste sich Alf mit der ganzen Elfenschar in den aus  Schnee – und Eiskristallen erbauten Winterpalast  der Elfenkönig zurückziehen und Wichteltrude hatte sich mit dem Zwergenvolk in ihr unterirdisches Zuhause unter den Baumwurzeln zu begeben. So war nun einmal das Gesetz und daran war nichts zu ändern.

Foto: Rudi alias Das letzte Einhorn? (Erbler Rudolf)Aber noch war schönster Sommer und Wichteltrude und Alf genossen ihr Zusammensein und dachten nicht an Abschied. Nur eines ärgerte die beiden.
„Ist dir schon einmal aufgefallen, dass die Menschen glauben, es gäbe nur Zwergenmänner und Elfenfrauen?“, fragte Wichteltrude ihren Elfenfreund.
„Und ob“, antwortete Alf, „aber das kommt nur daher, dass in der Fabrik in Hinterwolkenheim nur Figuren von Gartenzwergenmännern und Blumenelfenmädchen produziert werden. Die stellen sich die Leute dann in ihre Gärten und denken, so seien wir eben.“
Wichteltrude nickte so heftig, dass ihre dicken Zöpfe auf – und ab wippten wie die Köpfchen der Glockenblumen im Sommerwind.
„Dann müssen wir eben dafür sorgen, dass ab sofort Figuren von Gartenzwergenfrauen und Blumenelfenmännern hergestellt werden, damit die Menschen sehen, wie wir wirklich sind“, meinte sie selbstbewusst. 

Foto: Rudi alias Das letzte Einhorn? (Erbler Rudolf)Und so kam es, dass in einer mondhellen Nacht die Zwergenfrau und der Blumenelfenmann ihren Wald verließen und zur Fabrik nach Hinterwolkenheim marschierten. 

In die Fabrik hineinzukommen fiel ihnen nicht schwer, denn beide konnten sich so winzig klein machen, dass es ihnen ein Leichtes war, durch das Schlüsselloch zu schlüpfen. Auch den Saal, in dem die großen Maschinen standen, die am laufenden Band Gartenzwerge und  Elfenfiguren ausspuckten, fanden sie recht schnell. Aber wie um alles in der Welt sollten ein Elf und eine Zwergin wissen, wie man die Maschinen einstellen musste? Ratlos standen die beiden vor den Metallungetümen. Bis Alf die rettende Idee hatte. 
„Wir müssen die Maschinen verzaubern“, meinte er und zückte auch schon seinen winzigen Zauberstab aus Elfengold. Und Wichteltrude holte ihren Zauberkristall aus der Rocktasche hervor. 

Und die mächtige Verbindung von Elfen – und Zwergenzauber verfehlte ihre Wirkung nicht.

Herr Fabrikdirektor Knobel  wunderte sich nicht schlecht, als am nächsten Tag lauter Gartenzwergenfrauen und Blumenelfenmänner vom Band liefen. Aber da ihm die Figuren gefielen, beschloss er, sie an seine Kunden auszuliefern. Und auch die  schlossen die neuen Figuren ins Herz. Und so traten die Gartenzwergenfrauen und Blumenelfenmänner ihren Siegeszug durch die Gärten an. Und bald bezweifelte kein Mensch mehr, dass es Zwergenfrauen und Elfenmänner gab.

Foto: Rudi alias Das letzte Einhorn? (Erbler Rudolf)Wichteltrude und Alf hätten nun eigentlich zufrieden sein können. Aber inzwischen war es Herbst geworden und der Gedanke an den nahenden Abschied machte ihnen das Herz schwer. 
„Liebe Wichteltrude, mir bricht das Herz wenn ich daran denke, mich für ein ganzes langes Winterhalbjahr von dir trennen zu müssen“, sprach Alf zu seiner Gefährtin und Wichteltrude kullerten dicke Tränen über die Wangen, denn ihr ging es ja ganz genauso. „Und so will ich dich denn fragen, ob du meine Frau werden willst.“
Erschrocken blickte die Zwergenfrau den Elf an, denn es war ein ehernes Gesetz im Reich der Naturgeister, dass keiner einen Angehörigen aus einer anderen Gattung heiraten durfte. Und Gesetzt war nun einmal Gesetz! Aber nur allzu gerne hätte Wichteltrude ihren Alf zum Mann genommen. Und so stimmte sie  nach einigem Zögern zu.

Und wieder war es eine mondhelle Nacht, als das noch nie Dagewesene geschah. Die Zwergenfrau und der Elfenmann gaben sich feierlich das Jawort, und nur die Nachteule war ihr Zeuge und gab mit ihrem schaurigen Schuhu, Schuhu den beiden ihren Segen.

Als aber der Winter kam, konnten sie weder in den Winterpalast der Elfenkönigin noch in das Zwergenreich unter den Baumwurzeln einziehen, denn sowohl die Elfenkönigin als auch der Zwergenkönig waren sehr erzürnt ob dieser Freveltat und duldeten das ungleiche Paar nicht in ihren Reichen.

 So blieb den beiden nichts anderes übrig, als bei Familie Eichhorn anzuklopfen und um ein Winterquartier zu bitten. Und die mitleidigen Eichhörnchen rückten zusammen und ließen das junge Paar in ihrem Koben wohnen. Da die fleißige Eichhornfamilie genügend Vorräte für den Winter gesammelt hatte, mussten auch die Jungvermählten keinen Hunger leiden. 

Foto: Rudi alias Das letzte Einhorn? (Erbler Rudolf)Und als der Frühling ins Land zog und die Erde mit einem Blütenschleier verzauberte,  brachte Wichteltrude ein Zwillingspärchen zur Welt. Die Kinder waren allerliebst mit ihren roten  Zipfelmützen und lustigen Zwergenknubbelnasen, den winzigen Spitzohren und zarten Elfenflügelchen. Und bald schon nannte  man im ganzen Wald  die Kinder von Wichteltrude und Alf nur noch die Elfenzwerge. 

Weil die beiden kleinen Elfenzwerge aber gar so niedlich waren und ihren Eltern nur Freude bereiteten, beschlossen viele Elfen und Zwerge, einander zu heiraten um auch so reizende Kinder zu bekommen.

 So entstand im Reiche der Naturgeister die neue Gattung der Elfenzwerge. Und es dauerte nicht lange, da merkten es alle, dass die Elfenzwerge eine ganz besondere Zauberkraft besaßen,  vereinten sie doch in sich die Magie beider Völker.
Foto: Rudi alias Das letzte Einhorn? (Erbler Rudolf)
Und wer mit offenem Herzen in einer warmen Vollmondnacht über eine Waldlichtung geht, dem kann es geschehen, dass sich ihm die winzigen Elfenzwerge zu erkennen geben und ihm einen Wunsch erfüllen. Am liebsten aber zeigen sie sich den Kindern.
 

Copyright by Silvia Brückner alias Anabelle Moore 2005
Fotos: Rudi alias "Das letzte Einhorn?" (Erbler Rudolf)
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