30.10.2008 
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Autor:
Nach einem asiatischen Lehrgeschichten-Motiv von Karlheinz Schudt
 
Der Himmel stürzt ein
(Der Spatz und der Samurai)

Ein großer Samurai hatte über die Jahre hinweg in unzähligen Kriegen schon viele Kämpfe für seinen Herren gewonnen. Nun aber verlor er seinen ersten Kampf. Gedemütigt, voller Zorn gegen sich selbst und den Rest der Welt, wollte er seinem nun nichtswürdigen Leben ein Ende bereiten. Er ritt die staubige Landstraße entlang, darüber nachsinnend, wie er sich nun am grausamsten und auffälligsten ins Jenseits befördern könnte.

Spatz und Samurai von (©) Christine Winkel, NarthauenPlötzlich lag vor ihm auf der Straße ein kleiner Spatz auf dem Rücken und streckte seine beiden Füßchen zum Himmel.

Der Samurai, in seinem Denken gestört, hielt an und schrie den Spatz an: "Geh mir aus dem Weg, du nichtswürdiges Federvieh!" Der Spatz aber entgegnete ganz keck: "Nein, das werde ich nicht tun. Ich habe eine große Aufgabe zu verrichten." Der Samurai, ganz überrascht und erstaunt über die selbstbewußte Antwort des Spatzen, stieg von seinem Pferd ab, beugte sich zu dem Spatzen hinunter und sprach: "Sage mir, was ist denn so wichtig, daß du mir den Weg nicht freimachen willst?" "Oh", sagte der Spatz, "man hat mir gesagt, daß heute der Himmel auf die Erde fallen wird, und da liege ich nun, um ihn mit meinen Füßen aufzufangen."

Als dies der Samurai hörte, da fing er an zu lachen und konnte beinahe nicht mehr aufhören. Und er rief prustend:

"Was, du kleines Federknäuelchen willst mit Deinen dürren Beinchen den Himmel auffangen?" Der kleine Spatz erwiderte ganz ruhig und klar: "Tja, man tut was man kann!"

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